Kunstwerk des Monats
Mai 2020
schreibknecht gottes aus; die lorbeerblätter (ein berühmter), 2011
Filib Schürmann (*1976 in Visp)
Acryl, Gouache, Dispersion, Farbstift und Tusche auf Papier
Objektmass: 100 x 70 cm,
Inv.-Nr. 3655
Filib Schürmanns Kunst ist sehr eng mit Literatur verbunden. Nicht nur finden sich in seinen Bildern Schrift wieder, auch verfasst er Texte und Gedichte im Stil der Verknappung und des Weglassens. So publizierte er 2009 auch ein kleines illustriertes Gedichtbüchlein mit dem Titel aus der stümperhafte.
Zu Beginn seines Schaffens malte Schürmann humorvolle kleine Monster auf A4 Papier. In tagebuchartigem Prozess entstanden bildhafte Momentaufnahmen. Die verspielten Figuren lassen eine vielschichtige Leseart zu. Lustige bunte Figuren, die in späteren Malereien wie «schreibknecht gottes» als schwarze Fratzen wieder vorkommen.
Das Bild mit dem bemerkenswerten Titel «schreibknecht gottes aus; die lorbeerblätter (ein berühmter)», ist Bestandteil einer Serie von gesamthaft fünf Malereien. Die Arbeit entstand in intensiver Auseinandersetzung mit mythologischen Themen. Mit einem besonderen Interesse für die Fragen nach dem Jenseits und dem menschlichen Übergang hin zum Tod, las Schürmann die Bibel und den Koran. Darüber hinaus kam er in Berührung mit dem Mystizismus, wo er dem Musiker, Schriftsteller und christlichen Mystiker Jakob Lorber (1800 - 1864) begegnete.
Lorber bezeichnete sich nach einer göttlichen Eingebung als «Schreibknecht Gottes» und widmete sich fortan dem Schreiben oder Diktieren religiöser Texte. Es entstanden zahlreiche, kontrovers diskutierte Schriften, die nach seinem Tod in 25 Bänden herausgegeben wurden.
Lorber, der in drei der fünf Arbeiten von Schürmann vorkommt, zeigt sich als eine besondere Inspiration für Schürmann und bildet die zentrale Figur im Werk «schreibknecht gottes». Schürmann zeichnet aus einer vage zu erkennenden Figur mit zwei grossen Augen heraus assoziative Felder, die scheinbar metaphorisch als Gedankenräume im Bild schweben. In einer zeichnerischen Obsession, verbindet er einen Text von Lorbers Schriften, mit seinen eigenen Mythologien und Zeichnungen.
Das Bild zeugt von einem Moment tiefer Inspiration des Künstlers, dargestellt mit einer Figur, welche selbst Imagination erlebte. Wie aus einem Strom heraus verbinden sich Schrift und Malerei mit der sich bewegenden Figur.
Filib Schürmann (*1976 Visp) ist Maler und lebt und arbeitet in Zürich. Sein Kunstschaffen wurde mit mehreren Förderpreisen ausgezeichnet, so zuletzt 2019 mit dem Werkbeitrag des Kantons Zürich. Seine Bilder sind nicht nur in einer Vielzahl in der Sammlungen Bosshard vertreten, sondern in öffentlichen und privaten Sammlungen rund um den Globus zu finden.
Text: Ronja Eggenschwiler
Das «Kunstwerk des Monats Mai» ist Teil der Ausstellung «Ex Libris. Literatur und Schrift in der Sammlung Bosshard» und kann noch bis 10. Januar 2021 im Kunst(Zeug)Haus besichtigt werden.
«und jetzt du» - Aufgaben für alle zum Kunstwerk, erarbeitet von artefix kultur und schule.
Abb. 1: Filib Schürmann, schreibknecht gottes aus; die lorbeerblätter, 2011, Sammlung Kunst(Zeug)Haus