Keine Bilder.

Kunstwerk des Monats
September 2021

paravEnt sechsteilig (UR-PARAVENT), vor 1982

Hugo Suter (1943–2013)
Holz, Glas, Beschläge
je 180.5 x 53 x 3.5 cm
Inv.-Nr. 3419

«Beim Sonnenlichtaufprall zerspringt des Sees Glas in tausend Splitter.» Die Beschaffenheit des Wassers war es, die 1974 Hugo Suters Interesse an Glas weckte. Er fand darin unzählige Möglichkeiten, die liquiden Sinneseindrücke der wechselhaften Oberfläche des Hallwilersees festzuhalten, an dessen Ufer er seit Beginn der 1970er-Jahre lebte. Er übersetzte das Glitzern und Kräuseln des bewegten Sees, die Spiegelungen des Wassers, dessen Transparenz und Tiefe sowie die Lichtschatten-Netzstruktur der Wasseroberfläche in das wandelbare Material. Den Künstler faszinierten insbesondere auch die unterschiedlichen Licht- und Bewegungssituationen der Wasseroberfläche, welche einmal zerdehnt, manchmal ineinandergeschoben oder unbewegt glanzlos daliegt. Dank des Materials Glas offenbarten sich Suter neue Wege, die flüchtige Balance zwischen der Form und Formlosigkeit des Wassers darzustellen, nach denen er zuvor in der Malerei vergebens gesucht hatte.

Suter beschäftigte sich zeit seines Lebens kontinuierlich mit den Zusammenhängen künstlerischen Gestaltens und wissenschaftlichen Forschens und schuf ein vielseitiges Werk – bestehend aus Zeichnungen, Aquarellen, Druckgrafiken, Objekten, Installationen und Kunst am Bau. Glas blieb dabei stets einer seiner bevorzugten Bildträger. Es reflektiert und spiegelt wie die glatte Wasserfläche, es wird stumpf und matt wie die windbewegte Seefläche und vor allem ermöglicht es wechselhafte Durchblicke und überraschende Überlagerungen. Um seine eigene Formensprache zu entwickeln, setzte sich Suter zudem mit der Limnologie, der Seenkunde, auseinander und betrachtete unter dem Mikroskop Plankton, deren Formen er mittels Ätzung, Verspiegelung oder Sandstrahlung auf das Glas übersetzte.

Der 1978 aus Fensterrahmen eines Abbruchhauses geschaffene Ur-Paravent ist als kleineres Pendant zum 65 Teile umfassenden Paravent zu verstehen, an dem Suter, ähnlich einem monumentalen Tagebuch, bis 2002 arbeitete und der sich heute in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses befindet. Die Bilder der Paravents wandeln sich durch die Bewegungen der betrachtenden Person und erzählen von der Durchsicht und dem Durchlicht. Durch die Transparenz wird die Umgebung zu einem bedeutsamen Teil des Werkes, das infolgedessen wie das Wasser selbst seine ephemere Qualität offenbart. Malerei und Skulptur vereinend, verkörpert der Ur-Paravent Suters künstlerisches Programm, dem er sich über Jahre hinweg anhaltend widmete.

Hugo Suter (1943–2013) besuchte die Kunstgewerbeschule in Zürich und war in den 1970er-Jahren Mitglied der Ateliergemeinschaft Ziegelrain in Aarau. Bezeichnend für sein Schaffen waren die stetige Erforschung der Wahrnehmung und die kontinuierliche Arbeit an thematischen Werkgruppen. Suters von wissenschaftlichem Forschergeist geprägtes Werk war bereits in zahllosen Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa sowie Tokio, Melbourne und New York zu sehen und findet in bedeutenden Kunst-am-Bau-Projekten wie im Foyer der Alten Kantonsschule Aarau oder in der Kantonsschule Hohe Promenade in Zürich seinen Ausdruck. 1972 zog Hugo Suter an den Hallwilersee, in dessen Nähe er bis zu seinem Tod lebte und arbeitete.

Text: Janina Ammon.