Kunstwerk des Monats
März 2025

SCHWÄNE (NEAR RIVER LEA, EAST LONDON), 2006/2010

Denise Kobler (*1963)
Laserjet-Prints auf Papier
85 x 112 cm
Inv.-Nr. 3521


Betörendes Hellgrün. In Denise Koblers fotografischer Arbeit spielt die Schönheit der Welt eine zentrale Rolle, oftmals findet sie diese in Gärten und Parks, mit denen sie sich seit fast zwanzig Jahren beschäftigt. Sie versteht diese Orte als gestaltete Kunstwerke und sorgfältig kuratierte Räume, die durch ihre Struktur und Atmosphäre eine ganz eigene Wirkung entfalten. Kobler interessiert sich weniger für Details als für das Zusammenspiel von Komposition und Landschaftsarchitektur. Ihre Werke sind jedoch mehr als ästhetischer Genuss, sie sind Inhaltsträger und brechen – wie die Schwäne – den schönen Schein auf und gewähren Einblick in Verborgenes.

Was auf den ersten Blick wie eine malerische Szene wirkt, entpuppt sich als Sinnbild eines ökologischen Problems: Die leuchtend grüne Fläche ist eine dichte Schicht aus Wasserlinsen, umgangssprachlich «Entengrütze» genannt. Sie gedeiht besonders gut in nährstoffbelasteten Gewässern – wie hier im Fluss Lea im Nordosten Londons, der durch Abwässer und Düngemittel von landwirtschaftlichen Feldern stark verschmutzt ist. Die Konsequenz für die im Wasser lebenden Tiere ist enorm. Der Sauerstoffgehalt sinkt, wodurch Fische und andere Organismen sterben. In ihrem fotografischen Werk wird die «Natur» nicht als unberührtes Idyll dargestellt, sondern als fragiles, menschengemachtes System. Die Fotografie hinterfragt unseren Blick auf die Umwelt und zeigt, wie schnell das Schöne ins Bedrohliche kippt. Die Szenerie ist nicht nur eine Momentaufnahme, sondern eine Reflexion über das Verhältnis von Menschen und Natur, über die Grenzen zwischen Natürlichkeit und Eingriff. Was bleibt, ist ein Bild von bestechender Schönheit – und ein leiser Zweifel daran.

Denise Kobler wurde 1963 in Muri AG geboren und arbeitet seit 1985 in Zürich. Zwischen 1986 und 1989 studierte sie an der F+F Schule für Kunst und Mediendesign in Zürich. Ihre Tätigkeit liegt in den Bereichen Fotografie und Zeichnung. Im Jahr 2006 absolvierte sie einen dreimonatigen Atelieraufenthalt in London. Während ihrer Karriere erhielt sie Stipendien und Werkbeiträge des Aargauer Kuratoriums und des Kanton Zürichs. Kobler nahm an diversen Einzel- und Gruppenausstellungen teil.

Text: Sophia Vogt