Kunstwerk des Monats
Februar 2024
Alles wandelt sich, 1990
Klaus Born (*1945)
Leimfarbe, Acryl und Sepia auf Ausstellungsbroschüre
je 21 x 15 cm
Ed. 1/10 und Ed. 2/10
Inv.-Nr. 847–848
Bei unserem Kunstwerk des Monats handelt es sich strenggenommen nicht um ein Werk, sondern um zwei Exemplare einer Vorzugsausgabe. Kunstschaffende, die in der Galerie Bob Gysin ausstellten, steuerten zu den Druck- und Produktionskosten der Ausstellungsbroschüre jeweils zehn oder zwölf Vorzugsausgaben bei, die zu einem festgelegten Preis an Interessierte verkauft wurden. Klaus Born stellte sich dieser Aufgabe, indem er jede Seite unterschiedlich bemalte und somit ein Unikat, ein sogenanntes «Künstlerbuch», schuf. Die Fotos zeigen jeweils die erste aufgeschlagene Doppelseite. Diese Veränderung von etwas Bestehendem in etwas Neues spiegelt sich im Titel der Edition wider: Alles wandelt sich. Konsequenterweise enthält das kleine Heft auch einen Auszug aus Ovids Metamorphosen.
Während seines Aufenthalts am Istituto Svizzero in Rom 1979–1981 entdeckt der gelernte Buchhändler Born das Buch als Medium für seine Kunst. Ihn inspirierten Materialität, Beschaffenheit und Ausstattung dazu, die Seiten mit unterschiedlichen Farben zu bemalen, zu experimentieren, die Bindung zu lösen, neue Blätter oder Druckerzeugnisse hinzuzufügen. Seine Künstlerbücher verlangen Zeit: Erst in der Bewegung von einer Seite zur anderen können wir versuchen, das Werk als Ganzes zu erfassen. Das Werk setzt sich erst in uns Betrachtenden zusammen.
In der italienischen Hauptstadt entdeckte der Künstler auch die Farbe, begann grosse Flächen auf grossen Formaten zu malen. Seine grosszügigen Gemälde sind von den Künstlerbüchern nicht zu trennen: Beide Werkgruppen sind – wie der Künstler selbst sagt – «pure Intuition». Sie sind gefühlvoll, leben von der Experimentierfreude und von der Freiheit des Wartens, denn sie entstehen über lange Zeiträume. Momentane Stimmungen fallen so weg. Die Werke werden zeitlos. Für Born bilden sie eine Ergänzung zur sinnlich erfahrbaren Welt und wenden sich vom Direkt-Figürlichen ab.
Klaus Born (*1945, Hätzingen) wächst im Glarnerland auf. Nach dem Besuch des Lehrerseminars absolviert Born eine Lehre als Buchhändler in Antiquariat Rohr in Zürich. Dort wird seine lebenslange Faszination für Bücher genährt, die bis heute in der Herstellung von Künstlerbüchern anhält. Anschliessend besucht er die Kunstgewerbeschule Zürich. Konsequent befreit sich Born vom Erzählerischen und Figurativen.
Text: Florian Hürlimann