Kunstwerk des Monats
März 2022
Kanalbrausen, 2016
Maya Bringolf (*1969)
Lüftungsrohre Stahlblech verzinkt, Ventilator
540 x 580 x 260 cm
Inv.-Nr. 3911
Maya Bringolfs Werk Kanalbrausen besteht aus in sich verschlungenen Rohre, die wie ein Fragment einer grösseren Lüftungsanlage wirken. Über zwei Meter hoch ragen die silbrig glänzenden Stahlrohre in den Ausstellungsraum. Die Künstlerin ist bekannt für ihre imposanten Konstruktionen und interessiert sich in ihrer Praxis für Kreisläufe und Systeme in jeglicher Form. Dabei stehen Prozesse wie Verbrennen, Verschmelzen oder Zerschneiden im Zentrum. Sie kombiniert zudem auch unterschiedliche Materialien in ihren Werken. Dadurch thematisiert sie die Beziehungen zwischen Raum, Mensch und Objekt.
Bei ihrem Werk Kanalbrausen kann diese Beziehung als Kritik am Bauboom und der damit einhergehenden räumlichen Verdichtung verstanden werden, da die Rohre stark an Baustellen und Bauruinen erinnern. Die Lüftungsrohre werden von ihrem Zweck entfremdet, in fast schon absurder Weise anders zusammengesetzt und einer neuen (dysfunktionalen?) Bestimmung zugeführt. Das Werk spielt mit der Wahrnehmung von Innen und Aussen; es lässt sich nicht nachvollziehen, was im Inneren des Kreislaufs – oder sogar Organismus – geschieht. Den Betrachtenden wird nur gerade das Endergebnis – ein Rauschen der Rohre – preisgegeben. Im Inneren des Röhrensystems steckt ein Ventilator, der die Luft von einem Ende her ansaugt und auf der anderen Seite wieder hinausbläst. Dabei resonieren die Rohre wie ein riesiger Klangkörper. Die grosse Konstruktion entwickelt so ein Eigenleben, wobei man sich auch fragen könnte, ob es sich dabei um mehr als «heisse Luft» handle?
Die glänzenden Stahlblechrohre wurden bereits 2016/17 im Rahmen der Ausstellung «Maya Bringolf: Kanalbrausen» auf dem Vorplatz des Kunst(Zeug)Haus ausgestellt. Jetzt behaupten sie sich monumental gleich beim Eintritt in den Ausstellungsraum und entfalten eine ganz neue Wirkung für diejenigen Betrachtenden, welche die frühere Platzierung vielleicht noch in Erinnerung tragen. Sie nehmen einen grossen Teil des Raums ein und sind in ihrer Opulenz unmissverständlich als fast schon begehbares Kunstwerk erkenn- und erfahrbar.
Maya Bringolf wurde 1969 in Schaffhausen geboren. Sie studierte an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich und an der Akademie der Bildenden Künste in München. Ab 2002 begann sie erstmals Werke in Gruppen- und Einzelausstellungen zu präsentieren. Zwischen 2011 und 2014 arbeitete sie als Dozentin an der Hochschule Luzern im Bereich Design und Kunst. Anschliessend unterrichtete sie an der F+F Schule plastisches Gestalten. Sie erhielt für ihre Werke verschiedene nationale Preise und Auszeichnungen. Heute lebt und arbeitet Maya Bringolf in Zürich.
Text: Lena Schiller.